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Ein nationaler Schrein

ist der Arlington National Cemetery. Es ist der einzige Ort, an dem ich die Amerikaner wirklich still erlebt habe. Kein lautes Lachen, keine ungehemmte Unterhaltung und kein Brimborium. Man erlebt sie in einem sehr besinnlichen und schwer patriotischen Moment.

Der Friedhof ist allen gewidmet, die entweder als Mitglied der US-Streitkräfte während ihrer Dienstzeit gestorben sind oder nach ihrem Ausscheiden, sofern dies ehrenvoll geschehen ist und sie ausgezeichnet wurden. Außerdem die Präsidenten der Vereinigten Staaten, wovon aber nur 2 Gebrauch gemacht haben. Sowie hochrangige Regierungsmitglieder und die obersten Richter, sofern sie im aktiven Dienst gewesen sind Zudem können sich auch die Ehepartner und die minderjährigen Kinder hier begraben lassen. Bis heute wird hier beerdigt, was man an der Fahne erkennen kann. Eine halbe Stunde vor der ersten Beerdigung bis eine halbe Stunde nach der letzten wird die Flagge auf Halbmast gesenkt.

Arlington ist von Washington durch den Potomac River getrennt und keine Stadt, sondern nur der Friedhof. Bis zum Ausbruch des amerikanischen Bürgerkriegs gehörte das Anwesen General Robert E. Lee, der mit einer Stiefurenkelin George Washingtons verheiratet war. Da er sich, obwohl er Unionsoffizier gewesen war, für die Seite der Konföderierten entschied, entschied sich die Union, seinen Besitz zu annektieren und einen Friedhof darauf zu errichten. 1864 wurde Arlington offiziell Friedhof und seitdem werden dort verdienstvolle Soldaten beerdigt..

Die Nachfahren General Lees haben später gegen die Vereinigten Staaten geklagt und vor dem obersten Gerichtshof 1882 auch Recht bekommen. Allerdings hat man sich schnell geeinigt und für 150.000 $ wurde das Gebiet dann endgültig verkauft. Arlington ist mehrfach erweitert worden und auch im Augenblick wird im Senat wieder darüber debattiert, ob man die Mittel bereitstellen will, um den Friedhof noch einmal zu erweitern.

Ich fahre mit der Metro an einem Sonntag raus nach Arlington. Es ist nur ein kurzer Weg und schon kann man den Friedhof durch das Visitor Center mit ganz hervorragenden Fotos an den Wänden betreten. Die Wege führen durch eine hügelige Parkanlage mit altem Baumbestand. Auf dem höchsten Punkt steht Arlington House, der ehemalige Landsitz General Lees.

Unterhalb des Hauses befindet sich das Grabmal Präsident Kennedys und seiner Frau sowie 2 ihrer Kinder. Das Grab ist sehr schlicht in den Boden eingelassen und mit einer ewigen Flamme versehen.

Der zweite Anziehungspunkt ist das Grabmal des Unbekannten Soldaten, an dem immer eine Wache steht, die nach einem genau vorgegebenen Muster auf und ab geht. Der Soldat tat mir echt leid, weil er in voller Montur eine halbe Stunde in der prallen Sonne und bei locker über 30° C auf und ab gehen muss, bevor er wiederum nach einer genau vorgeschriebenen Zeremonie abgelöst wurde. Er geht übrigens exakt 21 Schritte, bevor er umdreht. Das entspricht der Anzahl der höchsten militärischen Salutschüsse. Bei jedem Umdrehen wechselt er das Gewehr auf die andere Schulter, um zu zeigen, dass sie immer zwischen dem Grab und den Zuschauern sind. Die Wache ist übrigens Tag und Nacht dort und weder das Wetter noch politische Ereignisse spielen eine Rolle.

Mich beeindruckt, wie wunderschön dieses Areal ist. Es strahlt eine enorme Ruhe und Ordnung aus. Gleichzeitig macht mich diese schiere Masse von einheitlichen Grabmälern, auf denen neben dem Namen und Daten auch der Krieg verzeichnet ist, in dem der Betreffende ums Leben gekommen ist, nachdenklich. Bürgerkrieg, 1. und 2. Weltkrieg, Koreakrieg, Vietnam, Irak, Afghanistan – alle unsinnigen Kriege sind verzeichnet. Ich persönlich finde es einfach traurig, wie viele junge Menschen ums Leben gekommen sind, ohne dass es irgendeinen Sinn hatte. Aber mit diesen Gedanken bin auch auf diesem Friedhof ziemlich allein. Die Amerikaner haben eine ganz andere Einstellung dazu.