· 

Feet, inch, mile und Konsorten

Die amerikanischen Maße sind gewöhnungsbedürftig. Das gesamte metrische System, das uns in Fleisch und Blut übergegangen ist, nützt einem hier gar nichts.

Man sollte gewappnet sein und sich einen Merkzettel schreiben. In meinem Seitenfenster klebt ein Zettel, auf den ich mit Filzschrift die gängigen Geschwindigkeitsbegrenzungen übertragen habe. Auf der Landstraße ist die Höchstgeschwindigkeit meistens 65 ml/h, das sind 104 km/h. Mit 100 km/h macht man also nichts falsch. Die uns vertraute Geschwindigkeitsbegrenzung innerorts auf 50 km/h gibt es hier so nicht. Das Tempo wird zwar gedrosselt, wenn man in die Städte fährt, aber auf was, ist sehr unterschiedlich. Manchmal runter auf 30 ml/h, das wäre etwas unter 50 km/h. Ist der Ort nur eine Durchgangsstraße, dann ist man nicht so zimperlich und der Verkehr rauscht mit 88 km/h (55 ml/h) da durch.

Kommt man jedoch an einer Schule vorbei, dann wird es kritisch, denn hier verstehen die Amerikaner keinen Spaß. Jedes Fahrzeug kriecht mit 20 oder 30 km/h daran vorbei. Steht auch noch einer der gelben Schulbusse am Rand und hat die Warnblinkanlage an, dann geht gar nichts mehr. Der Verkehr muss stehen bleiben, bis der Bus wegfährt.

Die Höhe der Brücken wird in feet und inch angegeben. Das rechne ich auch nicht um, sondern merke mir ab 13'' 1' passe ich drunter. Fährt vor mir sogar ein LKW habe ich eh kein Problem mit der Höhe.

Der Verbrauch an Sprit wird in miles per gallon umgerechnet und das ist eine Rechenaufgabe mit 2 Unbekannten, die etwas Konzentration erfordert. Die amerikanische Meile ist 1,6 Kilometer und die Gallone 3,78 l. Unterhält man sich mit einem anderen Camper über das Wohnmobil wird es lustig. Der Amerikaner hat keine Vorstellung, wieviel ein Liter wohl ist und meine Kalkulation, was unser Wohnmobil in miles per gallon verbraucht, ruft Erstaunen hervor, wobei ich den Verdacht habe, dass die Leute davon ausgehen, dass ich mich verrechnet haben muss. Es kann nicht sein, dass man mit einer Gallone ca. 22 Meilen fahren kann – jedenfalls nicht nach amerikanischen Vorstellungen!

Die Temperaturen werden in Fahrenheit ausgewiesen; die Umrechnung ist dermaßen kompliziert, das ich lieber auf die genauen Werte verzichte. Ich merke mir als Faustformel, bei 32°F friert's und rauf in die 90°F heißt, es wird knackig warm über 30°C.

Auch bei der Innenausstattung kommt es zu kuriosen Maßen. Wird nach der Größe des Betts im Wohnmobil gefragt, heißt es „Is it a king?“ Dazu muss man wissen, dass die amerikanischen Bettmaße häufig kingsize, großes Doppelbett oder queensize, überdimensionierte Einzelbetten, sind. „Is it a king?“ heißt also nichts anderes als, gibt es ein Doppelbett.

Ist man in den Städten unterwegs und will z.B. zum Postamt, dann heißt die Entfernungsangabe häufig „3 Blocks runter die Straße“. Das ist schon mal was, könnte man meinen. Aber wie lange ein Block ist, hängt von den örtlichen Gegebenheiten ab. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als die Kreuzungen zu zählen und dann Ausschau zu halten. Das kann sich manchmal ganz schön ziehen, aber Amerikaner sind ja auch nur im Notfall zu Fuß unterwegs.

Beim Kochen verstehe ich dann endgültig gar nichts mehr. Die Angaben auf den Packungen sind in „oz.“ = ounce. Nur wenn man Internet hat, findet man heraus, dass 1 oz = 28,34 gr. ist. Aber auch nur, wenn es nicht in Verbindung mit Flüssigkeiten steht, dann ist es nämlich 29,57 cm³. Hilft einem das irgendwie weiter, wenn man kochen will? Nicht im geringsten!

Wenn ich also ein Paket Nudeln zu 12 oz habe, das ich in 3 quarts Wasser mit 3 tsp Salz kochen soll, dann verlege ich mich erst gar nicht aufs Nachdenken. Ich schätze das Paket als 500 gr. ein und koche es wie Zuhause mit viel Wasser und einer ordentlichen Prise Salz. Erfahrung schlägt hier eindeutig höhere Mathematik!