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Es ist Memorial Day

Der letzte Montag im Mai ist frei, was das Wochenende gleichzeitig zum Auftakt der Feriensaison macht. Da die Amerikaner im Schnitt nur 14 Tage Urlaub haben, nutzen sie die verlängerten Wochenenden natürlich ausgiebigst, um mit der Familie und Freunden unterwegs zu sein. Die Straßen sind dicht befahren und die Campgrounds sind gut gefüllt mit Wohnmobilen, Wohnwagen und Zelten.

Ganze Familien haben sich auf einer site einquartiert und es ist durchaus üblich, dass mehrere Zelte aufgestellt und 3 oder sogar 4 Autos davor gequetscht werden. Manchmal wird ein Badmintonnetz gespannt oder auf der Straße Baseball mit den Kindern geübt. Die Kleinen sind mit ihren Rädern beschäftigt, aber auch hier sind sie unter ständiger Überwachung. Kein Kind, egal wie alt, stromert unbeaufsichtigt umher.

Ganze Sportausrüstungen wie Kajaks oder Motorboote werden mitgebracht, wobei ich schon oft gesehen habe, dass die Kajaks zur Hälfte über die Ladefläche der Pickups ragen. Scheint für die Polizei in Ordnung zu sein und der Rest darf eben nicht vor sich hinträumen, sonst hat er das Heck in der Windschutzscheibe.

Grills in den unterschiedlichsten Größen sind Standard und schon ab mittags steigen die Rauchsäulen auf. Ich weiß nicht, wie es schmeckt und habe auch nicht allzu viel Vertrauen in die Kochkünste, aber riechen tut es gut.

Absolut obligatorisch ist das abendliche Campfeuer, um das dann alle Stühle gestellt werden. Dafür wird bereits am Ankunftstag das mitgebrachte Holz in schmale Scheite gehackt, damit es ordentlich lodern kann. In dicke Jacken und lange Hosen gehüllt und mit der genauso obligatorischen Wollmütze auf dem Kopf wird dann der Kälte solange getrotzt, bis die Glut erlischt.

In der übrigen Zeit sind die Amerikaner nach meinen bisherigen Beobachtungen irgendwie hyperaktiv. Sie sind ständig damit beschäftigt, aktiv zu sein; nichts zu tun, scheint eine Todsünde zu sein. Am besten lässt sich die Zeit natürlich mit sportlichen Aktivitäten füllen und so ist es nicht verwunderlich, dass sie wie besessen Radfahren, Wassersport betreiben oder wie die Verrückten wandern. Überall gibt es die entsprechende Ausstattung zu leihen und das wird auch ausgiebig genutzt. Daneben kann man aber auch exotisches ausprobieren wie Ziplining, wo man an einem Drahtseil irgendwohin rast oder Paragliding über den Sanddünen. Man kann mit röhrenden Buggys über Sanddünen rasen oder mit Motorrädern offroad unterwegs sein.

Was sie so gut wie gar nicht machen, ist einfach von A nach B gehen oder das Rad nehmen, weil man wohin will. Das ist ihnen suspekt und jeder, der es tut, wird misstrauisch beobachtet. Hat man aber irgendeine tolle Sportausrüstung dabei, ist es wieder in Ordnung. Da mein Rad ein Hollandrad ist, das als solches auch erkannt wird, habe ich den Exotenbonus und man verzeiht mir das exzentrische Verhalten.

Dass ich einfach die Füße hochlege und lese, geht ihnen jedoch nicht in den Kopf und so werde ich oft angesprochen. Wahrscheinlich, weil man meint, dass ich mich langweile und Unterhaltung gebrauchen könnte. Nett gemeint, aber ich mag es wirklich, nichts zu tun...