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Eine Lehrstunde in der Entwicklung unserer Erde

Wegen des schlechten Wetters waren wir versucht gewesen, am Capitol Reef National Park vorbei zu fahren und hätten wirklich etwas verpasst.

Vor ca. 50 -70 Millionen Jahren ist durch den Druck der tektonischen Platten die ganze Gegend hochgedrückt worden, aber nicht gleichmäßig, sondern verschieden hoch. Dadurch bildete sich im Laufe von weiteren 20 Millionen Jahren eine Verwerfung in der Mitte, in der sich Wasser sammelte. Und dann machte sich die Erosion ans Werk und trug immer mehr Felsen ab, so dass sich unglaublich schroffe, hochaufragende Wände bilden konnten.

Fährt man den scenic drive entlang, ist es, als würde man die Entwicklung von Jahrmillionen wie in einer Zeichnung ablesen können. Die Farbunterschiede sind augenfällig und machen deutlich, dass die Felsen nicht gerade stehen, sondern schräg, eben so wie der Druck sie aus der Erde gepresst hat. Wie ein Kuchen mit verschiedenen Teigen, so sind die Felsen aufgebaut. Ein dunkler, ziselierter Sockel, dann eine sehr solide wirkende, glatt polierte graue Schicht, auf die eine dünne weiße, wahrscheinlich kalkhaltige folgt. Schließlich der gelb-rötliche Sandstein; bröckelig, rissig, aber hochaufragend und imposant. Und obendrauf als Krönung ein paar vereinzelte, von der Erosion übrig gelassene Felsgebilde. Eine wirklich beeindruckende Kulisse, in der man sich unbedeutend und klein fühlt. Was ist schon unsere Lebensspanne im Vergleich zu dieser mächtigen Entwicklung?

Wir fahren die Straße bis zum Ende und lassen unser Wohnmobil auf dem Parkplatz stehen. Von hier führt eine Schotterstraße noch einmal 3,8 km tief in die Canyon hinein. Man kann die Straße mit dem Auto befahren, aber wir gehen sie lieber und haben viel Zeit, die wunderschönen Muster in den Felsen, zerlöcherte Wände, von Sturzbächen geformte Rinnen und unbeugsame Pflanzen zu betrachten.

Im Gegensatz dazu liegt der einzige Campground des Nationalparks in einem fruchtbaren grünen Tal, in dem einst eine Mormonensiedlung existiert hat. Aber sie ist vor ca. 60 Jahren aufgegeben worden und steht jetzt unter Nationalparkverwaltung, die insbesondere den wunderschönen Obstbaumbestand pflegt. Man geht nur ein paar Schritte in die ausgedehnte Obstplantage. Im Juni, wenn das Obst reif ist, kann man die Früchte in der Plantage umsonst essen, muss jedoch alles, was man mit rausnehmen will, bezahlen. Ist doch fair, oder? Außerdem kann man in einem kleinen Laden köstliche Obsttörtchen und Marmeladen kaufen.

 

Wir sind wirklich froh, dass wir nicht vorbei gefahren sind.